Crépuscule

9. August 2011 - Leave a Response

Ramadan kam mit der narkotischen Wirkung sonnengereifter Tage. Eine Besinnung auf die Endlichkeit, schöpft man die Tage aus dem Brunnen, Mägen entfalten sich in Bedachtsamkeit.  Mit seiner Ankunft waren die Kinder auf dem Sportfeld erschöpft hinter der Ziellinie zusammengesunken. Wir hatten durch den Jubel des Regens hindurch applaudiert, während die Energie von Läuferfüssen durchnässte Erdklumpen in die Luft gerissen hatte. An den gelben T-Shirts leuchteten die gelben Flecken als triumphierende Beweise des Ehrgeizes. Der Spätnachmittag ankerte im Hof der Schule mit klebrigen süßen Reis und das Aroma der Durianfrucht, während der Ballast der Medaillen die Kinder dem Abend entgegen fliegen ließ. Im Schatten der Bäume fingen sich verirrte Strahlen, die auf den Prismen freundlicher Antlitze in ihre Spektralfarben aufgingen. Die Energie des Lachens rennender Kinder half den Tag zu verlängern, das milde Licht ein wenig länger an uns zu binden, als es hing, verspielt, auf glücklichen Gesichtern und zwischen den Fußballspielern wandelte.

So sein wie ein Sommertag einen Sommertag sieht. In der Luft schwirren, wie ein hohes Zirpen. Die alltäglichen Verrichtungen schwingen die Stunden zur Gelassenheit hin, bis zur letzten Aufwallung des Pulsschlages der Sonne. Man nennt das nicht wirklich dösen, wenn man sich bewusster selten wahrgenommen hat. Morgens verteile ich Streicheleinheiten, der Besen pendelt dabei über die Hanfmatten, wie um die verbleibende Zeit festzustellen. Die letzten zwei Wochen als eine einzige langanhaltende portato langsam in die Leere gleitende Note, in der man in fröhlicher Wehmut rückwärts zu schwimmen beginnt. Am Grund: Die Stille lauer Nachmittage, ein Lautenspiel, das wie ein neu entdeckter grüner Trieb im Garten flüchtig berührt, in dem sich der geglückte Ton schaukelnder Kleeblätter erklärt.  Was ist der Kern lächelnder Schwermut? Die augenblickliche Betrachtung meckernder Ziegen, die die Last ihrer Pflöcke nicht zu bemerken wissen, das Klickern der Boulekugeln, ein Muster aus Furchen, mit dem Rechen in die Erde gezeichnet, so grundlos wie Kornfeldkreise. Das offene Blühen der Tage, ihre Sprache in ruhendem Zugegensein schweigend, sie weltet be-lebt, ent-spannt im Ende.

In Dunkelheit aufzustehen, mit verändertem Wirklichkeitsgefühl. Die Nacht durch-stimmt von intensiver Tonalität. Eine dickflüssige zerflossene Stofflichkeit, ungerichtet im Nichtraum wesend. Dann: das Stampfen und Zischen der Ventile, dass den Kosmos durchwirbelte, das grellende störende Anfluten der Strahler. Der Lastkraftwagen rollte wie ein Mondfahrzeug über die Körperlosigkeit der Fahrbahn. Es war fünf Uhr morgens.

Die Garnelen ergossen sich über den Tag, sie versammelten die Stunden in schweren Körben. Am Vormittag vereiste die Klaustrophobie des Kühllasters die Zeit. Millionen von winzigen blassen Körpern, im Eis zitternde Leichen, die die Männer mithilfe riesiger Schaufeln verschütteten. Bevor die Flut zierlicher Leiber auf die Werktische schwimmen würde, dämmerten  Bang Hed und ich am Mittag im Schatten auf den riesigen Deckeln der Wasserbehälter. Die Garnelenfarm: Wie ein riesiges unnützes leeres Schwimmbecken. Gespannte Netze, die riesige Beben an die Wasseroberfläche zogen. Ein wildes, ein glänzendes rosa Zucken, eine Landschaft verzweifelter nackter Rümpfe, deren schwarze Knopfaugen leer und stumpfsinnig starrten. Wolken gewaltigten sich zu körperhaften Drohungen, die uns unter die Zelte peitschten. Am Draht kämpfte sich zu den Glühbirnen: Ein kraftloses Licht. Die Finger der Arbeiterinnen gruben sich wie eine mechanische Körperschaft durch das zappelnde elliptische Getier. Eine Körperschaft, die das Warten in einen kollektiven Betriebsausflug verwandelte, mit Picknickdecken, Bingo spielen und riesigen blubbernden Töpfen Currys.

Schließlich: mein Körper, der sich dem sich herabsenkenden Lastkraftwagen überantwortete. Von seinem Rücken bestaunten wir das Heranrücken des Feierabends, der die Kinder von der Schule auf ihre Fahrräder hob. Wenn ich in die Luft gegriffen hätte, vielleicht hätten mich die Strommasten gekräftigt. Ich warf mich von der Ladefläche, schleppte einen müden Körper dem Klingeln der Kinderschreie voran.

Auf Koh Lidi welten die Wellen sanft gegen den taumelden Strand und zählten für mich leise verflossene Wasser. Der Abend strömte mit der ersten Dose Bier in den Körper, eine sachte Berührung der Blutbahnen. Die Finsternis bettete ein Feuer in den Sand. Die Köpfe atmeten schwer, so sehr wendeten sie sich dem Leben zu. In der Nacht tanzten wir uns in die kalte See, entwogen in der Strömung jeder Last.  Ich schlief mich in den Strand und erwartete so das Entschlafen eines nächtlichen Nieselns.

Am Morgen fühlte ich Sand in meinen Haaren, fühlte den Tag sich seiner Wesenhaftigkeit bemächtigen. Hinter einem kleinen Pfad fanden Olivier und ich Klippen, das weißliche Schimmern der Gischt, verströmt von den Düften der Felsen, rauschendes Sommergras, sich der Bewegung eines Windstoßes hingebend und ein Anbranden von Sehnsucht, dass ich in einer flüchtigen Farbabstufung des Blaus wiedererkannte. Wir kehrten zurück, dem Lauf der Flut folgend, so die die Abende in Kok Payom in der empfindsamen Regung des „Allãhu akbar“ hinaus glitten.

Escaping From Dogville

30. Juli 2011 - Leave a Response

Inseln fordern immer Erkennen ein. An den Stränden vom Lebensvollzug winzig gedachter Steine. Sand ist die letzte Notwendigkeit. Sand ist die Illustration der Notwendigkeit des Prozesses, der Unausweichlichkeit des Vergehens, der Hingabe zum Dasein. Das Meer spült Sand als blutige Warnung auf den Opferschrein. Sand weiß um das Martyrium der vierten Dimension. Meine Fußsohlen, die sich ins Leben graben: Heiße Erde.

Ko Lipe, weit draußen auf dem Meer, ein Eiland, das zwischen Korallen schwimmt, auf durchsichtiger Cellophanverpackung im Sonnenlicht dahin flimmert, mit stabilen Tauen aus Sand vertäut. Jeden Morgen um neun verlassen braungebrannte Menschen die Insel und gegen vierzehn Uhr schwemmen neue Koffer auf die Insel, um ihren Besitzern in die Resorts und Gasthäuser zu folgen. Davon abgesehen hilft nur die Sonne am Tag festzuhalten, die in den Mittagsstunden über unserer Bucht ankert. Und wohin die Koffer verschwanden wusste keiner von uns zu sagen. Nur ab und an stolperten wir über versteinerten Körper am Strand. In der Niedrigsaison überließen die meisten ihre Läden dem Monsun, im Schutz der Rollläden. Nach dem Schnorcheln kleidete mein Oberkörper sich in einen Schutzfilm aus Meerwasser, meine nassen Harre hinterließen Tropfen auf den geöffneten Seiten meines Buches. Die Milde des Abends überraschte mich, die Sonne stieß erschöpft ins Meer und die Wellen trugen ihr Blut eine Ewigkeit bis an unsere Füße. Nach Sonnenuntergang lebten die Restaurants auf und füllten sich mit dem Geräusch von murmelnden Stimmen und dem Rauschen der Wellen. Unsere Gaumen waren geschärft für die Gegenwart des Lebens. Der Tag versank in milden Currys und der Sentimentalität und Schläfrigkeit des Whiskeys.

Ko Phangnan begann mit dem Regen der Nacht, den Pfützen auf dem Markt und dem Trommeln der Wellblechdächer vor verschlossenen Ladeneingängen. Bei meiner Ankunft auf der Arche Noah: Lange Linien aus Matratzen, während sich das Klatschen der Wellen mit den Rufen der Hafenarbeiter und dem geschäftigen Piepen des Krans  mischte. Die nassen Kleidungsstücke, wie leblose Körper, ihre verlorene Energie die mich durchdrang, als behagliche Schläfrigkeit in meinem kratzigen Wollpullover. Später überrannte eine in fishermen trousers uniformierte Besatzung das Schiff, die lärmend einen hedonistischen Hafen ansteuerte.

Uferlos ohne Bindung in den Morgenstunden am Strand, fiebernd, suchend nach sozialem Bezug und einem  Hinweis auf mein Obdach, die letzten Alltagskrankheiten ausgeschlafen. Marcia hat in Yogaschulen Harmonie studiert. Meine Gastgeberin ist gelernte Lebensretterin. Wenn das Leben sie verwirrt, schlägt sie die Antworten in ihrem Esoterikduden nach, wie Fremdwörter. Aber die Fragen kommen nicht mehr oft, denn der Drang zum Überschwemmen sei ein altersbedingter Sturm, der einen ans Ufer des meditativen Begräbnisses spült.

So verträumte ich die Woche vom inneren Frieden infiziert auf einer Terrasse mit Radio. Im Leerlauf Aktivität vorgetäuscht, bis Vollmond. Die Versuche von Struktur zerfaserten sich. Als der Schweiß, den die Berge der ersten Fahrradtour mir aufs Gesicht geschrieben hatten getrocknet war, waren wir vier die sich die Strände hinauf badeten. Chorita, Arnab, Dana und ich. Um uns herum verkaufte man flaschenweise Motorradbenzin als Narzissmusdoping für Engländer auf ihrem durchgeplanten Abenteuer.

Dann begannen die Vorbereitungen auf Vollmond, doch er kam und ging wie jede Party.  Und erst als neugeboren das bleiche Gesicht des Morgengrauens hinter dem Horizont aufloderte, begann ich traumwandelnd und schwärmerisch durch die Leichenberge transzendentaler Experimentdesaster zu wandeln. Mit Lippen, die noch brannten, ausgedörrte Pflugscharten nach der Dehydrierung der Nacht. Ich war nicht alleine gewesen während dieses schattenstillen Winterschlafes. Und floh mit Wachsflügeln vor der Wirklichkeit, mit einer leichten Sommerbrise.  Die Welt aus einer anderen Perspektive erleuchtet. In der Hängematte, meine Füße höher als der Kopf. Die letzten Ereignisse durch das Scherbenmosaik fluoreszierender Verschwommenheit. Und all diese kurzen Belichtungen, die wie entrückte Traumsequenzen im Gedächtnis standen, von denen niemand sagen konnte welcher wunderlichen Parallelwelt sie entstammen. Der monotone Singsang meines Gehirns, der langsam hinüberglitt in eine gleichmütige wahre Harmonie.

Seit diesem Erwachen, trotz Barfüßigkeit die Gravität betrogen und Samt über mein Dasein gegossen. Ein Tanz ohne Ernsthaftigkeit mit jedem Traum, der mich am Leben hielt. Am Strand, im Rücken die Kühle eines Felsens in den nächsten Sonnenuntergang geblickt. Mit geschlossenen Augen im Schneidersitz sich auf gelbem Sternenstaub in Ruhe gebettet. Warten auf den Verlust des Gleichgewichts, wenn das Herz nicht hoch genug schlägt.

Being And Time

21. Juni 2011 - Leave a Response

Die Nutzung von Kulturstätten ist  in Thailand ökonomischer, niemals  bildungspolitischer Natur. Geschichte wird in Englisch aufgearbeitet. Blick die Bedürfnispyramide abwärts, Bildung selbst mit der Luppe nicht zu erkennen. Die Beschäftigung mit nationaler Tradition obliegt  dem Ministerium. Sie wird nicht kommuniziert sondern bürokratisiert.   Das zerschnittene rote Band während der Deklaration eines neuen Kulturlandes ist Faden der Haushaltsstrategen. Archäologie  als Wirtschaftsfaktor.  Ausgegraben für Niemand.  Zu Grabe getragen durch den (Mangel an) Touristen. Misslingen der Marktforschung.  Kultur und Natur können nur als Gegensatzpaar gedacht werden. Man überdenke den Kausalzusammenhang zwischen dem Schlaf des Parkwächter  und dem der Steinhaufen, entschlummert  in Moosdecken.

Die Weiterfahrt nach Sangkhlaburi ging unter im ewigen Wummern des Motors zwischen den Kupplungen. In ein Zeitloch gefallen. Ich dachte an Sisyphus und wie der Nachmittag vor mir davonrollte. Im Minibus die Bewegungen weniger ruckartig, sanft das Licht, dass die Spiegelfläche der weiten Waserfläche überflog. Die Landschaft und der Sprung aus der Realität. Vereinzelt angeschwemmte Fischerboote, lächerliche Versuche zur Etablierung menschlicher Zivilisation. Hier lag alle Ontologie der Natur. Die Szenerie abgeglitten in die Spiegelung des Wassers. Geknitterte Aluminiumfolie, die Reflexion des Himmels umgeben von der dunkle Moosfläche die sich über die Berge spannte.

Von den Bergen in die Stadt gefallen. Ich suchte nach keinem Gasthaus. Herauf, herunter die Strassen. Über der Ebene Glas, in der vereinzelt das Licht der Uferbeleuchtung abglitt, spannte sich die Holzkonstruktion der Brücke als Einladung zur anderen Seite. Aus der Höhe das Ziehen der Wellen, die der Wind streichelte. Tiefe Verwirrung, Orientierungslosigkeit, aus den Strassen die Musik der Karaokebars. Das hohe Grass des nachtfeuchten Auestreifens. Schliesslich: der Umriss einer Stupa im Hintergrund, das Ballern der MG’s im Fernsehen als unbeteiligter Schall von den schwimmenden Häusern. Vernommen, ihre Ausrufe menschlicher Regungen, erspürt ihre Anthropologie. Ohne Anzuklopfen. Das Pixelgewirr des Bildschirms und dann und wann ein Schatten. Motorengeräusche der Boote, die sich nur im Mondlicht aus der Dunkelheit schäten. Manchmal ihre ausgesendeten leuchtenden Finger, die mich ertasteten. Wolken, die der Vollmond scharf vom klaren Himmel absetzte. Blitze über fernen Bergen als unbeteiligte Drohung. Wie Regen unter dem Vordach der Veranda.

Am Morgen das bleiche Rot der Sonne hinter den Nebeln erspäht. Seine Finger, die sich ausstrecken um das Tau zu trocknen. Die feuchte Erde auf meinem Rucksack. Das fröstelnde Bibern im Wollpullover erstickt. Dem überraschten Winken der ersten Schaluppen entkommen. In den Tempeln schenken mir noch nicht einmal die Hunde Beachtung.

Über das Heben und Senken der Strasse in das beginnende Leben. Mon refuge. Die Zeit nach der man das Exil nicht mehr hinterfragt. In den Gesichtern liegt das Gedenken in der Wärme der Augen. Der Stolz auf Autonomie und Andersartigkeit. Kaffee und Gebäck in der Lebendigkeit der Markthallen. Die Rücksichtnahme und Höflichkeit gegenüber Fremden, die ihnen selbst nicht zu Teil geworden ist. Das Erstaunen darüber, wie sich die vertrauten Puzzleteile der  Landschaft von Tag und Nacht ineinanderfließen. Ähnlich der Nachtdimension, die einem erst das Déjà-vu des Tages zu entschlüsseln hilft.  Das Holztrapez dass das Tal überspannend dem Raum zur Weite verhilft. Unterhalb der Berghänge ein blaues Schlängeln zwischen den Windungen der Auen. Die Geruhsamkeit der Häuser in ihrem Bad im Wasser korrespondiert mit der Ruhe spätmorgendlicher Gesichter. Bis zum Abend mit dem Strom der Fahrzeuge auf dem Rückzug in den Regen der Wasserpistolen und zur grossen Hedonismusschlacht.

Zaqqum Und Sephiroth

7. Juni 2011 - Leave a Response

Sich treiben lassen, ohne getrieben zu sein. In die Realität der nächsten unaufgeräumten Persönlichkeit. Aus dem Augenwinkel: die Gewohnheit, sich gefährlich nähernd. Und niemand schafft die Flucht… Die ersten Hilfestellungen, die ersten Krücken: Müdigkeit, Ermattung. Statt mich abzuschießen, schieße ich mich heraus: in die Fremde, den nächsten Wahnsinn. In meiner Rakete mit Dieselmotor. Völlig losgelöst. Ausgekotzt, entstaubt, Frühjahrsputz: Es geht voran. Landkarten erleichtern nicht unbedingt das Reisen. On the road again: der Rucksack als behagliches Gewicht auf meinen Schultern, snail alike.

Kanchanaburi als Versprechen an das Auf-Sich-Allein-Gestellt-Sein. When you got nothing, you got nothing to loose. „Hier entsteht eine historische Spielwiese.“ Selbst in den Gräbern visiert von den Kameras der Japaner, deren Vorfahren sie unter die Erde schaufelten… Als vor der Brücke am Kwai noch der Tod und kein Touristenführer wartete. Following the neon lights to the next hostel. Aus den Gasthäusern weht Geschichtsvergessenheit wie der Gestank nach ranzigem Bier oder klebrigem Achselschweiß. Vielleicht liegt hier die Kontinuität: Arbeitslager des Libido – Bikinistreifenflucht. Farangkuriosum in der einzigen Disko der Stadt: ein Minimum an Gesprächen gibt Zeit zum Trinken.

Friss die Konsequenzen: Schlafentzug. Die Absätze von Stiefeln, die über meine Gehirnbahnen trampeln. Ein Untoter auf der Suche nach Soldatenfriedhöfen. Die Wirklichkeit auf die Zweidimensionalität des Suchers reduziert. Im Bus holen mich schlechte Erinnerungen in Gestalt eines Alkoholikers mit Mundgeruch ein.

Living is a fairytale. A fairy tells you how to live. Die Elfenesoterik eines Meditationszentrums. Das gesäuselte Falten der Hände. Coen Rezitation drängen sich auf: Die Rettung des Dharma des Delinquenten. Die Unschuld kleidet sich in wallendes Weiß, because… Fashion follows spirituality. Lembasseligkeit. Auch das Paradies besitzt einen Dresscode.

Stunden in Augenblickschleifen gefangen. Ein Zeitintervall gewölbt an der Flussbiegung. Und das Tal in Dämmern getaucht: Folge der Raumzeitkrümmung? Wir ruhen erhoben unter der Natur und die Natur, sie erhebt uns im nächtlichen Sturm zu aufmerksamen Kleinkindern. Besinnung in sensation. Tropfen und Platschen und Wummern und Krachen: Das Orchester der Natur fordert seine Vollbeschäftigung zurück.

Um drei Uhr morgens: das Aufflackern menschlicher Existenzen, wie Inseln in der Dunkelheit. Die Feierlichkeit des Schweigens auf dem Weg zum Tempel und nur der Gong der als Metronom in meditativem Gang mit uns schreitet. Den Worten durch die Rezitation ihr Wesen verliehen. Getragen von dutzende Stimmen. Im Raum durch Brechung vermehrt. Das Lauschen: unbewegt in deiner Bewegung. Formst mit deinem Kehlkopf  das klingende Wort . Du wirst  geformt aus Klangkörper und Resonanz. Das „Yo So Bahgava Araham Sammäsambuddho“  schwebt als Hall durch deine Seele. Die Melodie als selbsterklärende Übersetzung. Langsam gleite ich aus der Dimension. Die Rhythmik der Bewegung als Abgleiten aus Raum und Zeit. Eine Verschiebung des Selbst, die einen auf die Bewegung im Moment reduziert.

Das weisse Leuchten der Stupa in der Baumwipfellandschaft beinhaltet eine Aufforderung. Weiße Wände, Wind. Glockenspiel. Stille, die den Raum füllt. Stille, die an Stofflichkeit  gewinnt. Consciousness is created through non-existence.  Agieren ist Energieaustausch. Am Ende der Reaktionsequationen:  das Sein. Eine Holzpagode getragen von den Kronen der Bäume, sich als grünes Ensemble der  Mächtigen unter mir ausbreiten. Himmel und Erde streben an den Gipfeln ihrer Umarmung entgegen und scheiden sich an ihrem unbewegten Kraftfeld.  Am Morgen bedarf es keines Blicks in den Spiegel, um sich seiner Existenz zu überzeugen. Alles unterwirft sich einer langsam fallenden Bewegung.

Der Tag bettet mich an seine Ufer, als Treibgut in den Abend gespült. Abnahme und Zunahme der Gezeiten aus Licht und Dunkelheit. In seinem Pyjama gleitet man ins Sterbebett. Und wartet unterwürfig des neuen Anfangs. Wir fürchten des Traumes grossen Bruder. Die Ruhe zur Zeit des Moll Akkords: Die nachdenkliche Tonalität des Abendgesangs. Gedämpfter, der Hall in der Festigkeit der Finsternis. Lauschend dem Geräusch der Destruktion des Tages. Der Abend ist wie eine Aufnahme des Sonnenaufgangs, auf Startposition. Ein Spiegelbild am Nullmeridian mit kraftvolleren Rottönen.

Den weissen Stoff der Gewänder im Bagpack  vergraben.  Die Ausgeglichenheit in den Untiefen Gedächnises verpackt. Auf dem Highways niemals auf der Mittelspur gefahren. Erfahrungen wie Krankheit ausgeschwitzt. Ying und Yang solange gefoltert, bis sie die Existenz des Taoismus leugneten. Heute arbeiten die beiden bei McDonalds, immer auf Opiaten und Schmerzmittel. Manchmal schenke ich ihnen eine frische Injektionsnadel. Die Jugend braucht keine Ruhe, die Jugend braucht Revolution. Als Anhalter  die Fahrzeuge mit dem Mittelfinger herangewunken. Ein Fluchtfahrzeug mit Twentysomethings aus Bangkok.

Lay Down Your Head In Urban Static

28. Mai 2011 - Leave a Response

So also gestaltete sie sich (denn man ist immer gleichsam mehr Produkt als Produzierender einer Reise): Mein Bewusstsein tilgte die Existenz Einsteins vierter Dimension für die Dauer dieses fünfwöchigen Traumes. Als ich erwachte gefiel mir die Vorstellung der verschlafenen Zeit, die das Brüllen eines Düsentreibwerks in der Ferne erkennbar gemacht hatte. Ein Leben außerhalb der Warteschleife, als rollender Stein auf den Schienen meines Schicksals von Bangkok nach Chiang Mai.

Der Pflaumenhain der Engel als tiefes Luftholen mit Zwischenspielen. Die Metropole als amüsantes Gesellschaftsspiel des Vernetzens. Juste pour le plaisir. „Gehe über Los…“ Trophäensammeln für die Facebookvitrine. Nur eine weitere private Blase etablieren, aus der Schaltzentrale von Mimis Apartment aus.  Refugium und zwingender Magnet, der Ort an dem ich der Anonymität der Chiffren auf den Resopaltüren der Apartmentwohnungen den Krieg erklärte und den Kampf um die Millionen der Türklinken aufnahm. Sich einrichten und mitspielen: Kleeblattzupfen.

Tagraum und Nachtwache. Feels like something common, feels like the vomit of old days, gift-wrapped brand-new. Feels like an old evergreen sensation. Die Trivialität des Lebens ausreizen, sich taub stellen gegenüber dem Ticken der Uhr. Oder lauter pfeifen. Die Zeit ertränke im Meer der Bässe, in der Flasche Whiskey, in einer Nudelsuppe um drei Uhr morgens.

Zwinker im Halbdunkel jedem neuen Tag zu. Trotz Brechreiz und Brutalkopfschmerz: Hunger. Mich quälen Erinnerungen: Man weiß sich (noch) zu beherrschen. Hostel Mimi noch geschlossen. Kein Bier vor vier. Nichts wofür es sich also lohnen würde aufzustehen. Richtig so. Zucker im Tank.  Die Sonne umarmte eine karamellisierte Metropole. Nam Dtan und ich. Natürlich benahmen wir uns  wie erwachsene Menschen, ein wenig benebelt von den Polen der printemps. Wir kokettierten nur zum Spaß gegen die Langweile, beide aus der Sicherheit einer Beziehung heraus. Ohne Absicht, der Unterhaltung wegen. Wir tauschten Lächeln mit den Waranen in den Parks (Lumphini, Chatuchak, Wachirabenchatat), rannten durch den Zoo auf der Suche nach der Furcht vor Krokodilen. Essay über das Glück und die bedingungslose Güte des Eisverkäufers, der ist: die reine smogfreie Seele der Großstadt. Seine Erinnerungen:  die Diktaphone für children laughter und den letzten Sommer unserer Kindheit. Seine Tagebücher: die Erzählungen der Naivität großer Kinderaugen. Dass selbst die Großaktionäre an der Sala Daemg BTS Station unschlüssig um seinen Handwagen streunen, mit schlaffen Schultern wie jugendliche Faulenzer vor dem Weihnachtsmann. Zuckerwasser das in Rinnsalen klebrig meine Hände überspült. Am Nachmittag strebte meine rote Kompassnadel den grünen Lungen der Stadt entgegen. Mimis ensemble erstürmte die Märkte. Auf dem rot weißen Karree des Schachbrettes erprobten wir unser potentielles soziales Knock-Out fuer die bevorstehende Nacht. Beuteten die Galeristen für unsere stomach preparations aus. Die Stadt gehörte uns.

So many faces, so many faints. Fliegend durch den urbanen Raum der Straßen, Kanäle, Clubs, durch den espace sociale der Treffen, Kontakte, Bekanntschaften und des Händedrucks. Man darf sich vergessen, man darf sich amüsieren. Bis das Atmen zu schwer wird, das gesellschaftliche Netz zu eng, die Hölle zu heiß.  In case of emergency:  Flucht man vorne. Man darf anonym bleiben. Trotz der Vertrautheit die jeder Quadratmeter des Apartments spricht. Lebensraum auf Zeit für unzählbare Rucksäcke, temporär eingetaucht in ihren Lebensraum, temporär abgetaucht in ihren Lebenstraum. Mit Schwimmflügeln im Swimmingpool. Mit Fluchtfahrzeug und Geisel. Der magische Moment des Übertretens der nächsten Türschwelle. Wir sind viele, hunderte vielleicht: Sofabesetzer, Matratzenwegelagerer, Couchsurfer. Eine Vertrautheit, die mir bald auch aus jeder Ecke dieses lebendigen Molochs entgegenweht (der Verwesungsgestank der Metropole). Norden (Mo Chit), Sueden, (Silom), Westen (Dusit), Osten, (Sukhumvit): umschlossen von erschlossenem Gelände auf der Landkarte meiner Erinnerung.  Und die Buslinien, als feines grünes Geäst die Betonwüste durchziehend. Das Demokratiedenkmal grüßt mich wie einen alten Bekannten. Die Furcht noch mit dem Restaurantbesitzer um die Ecke per Du sein. „Please mind the gap between train and platform“ als Vokals meiner voyage tranquille ohne Zwischentöne bis zum Tag meines Aufbruchs.

Das Kardiogramm Der Gefilterten Tage

19. März 2011 - Leave a Response

Zurückstolpern in die Regenschauer nach unserem Kurzurlaub in Songkhla. Home Sweet Home und nach unseren Exzessen, die Erde, die sich besoff. In den letzten Märztagen nach unserer Rückkehr sich zu dröhnte mit den Ausscheidungen des Himmels, sich den fetten Ärschen der Wolken entgegenstreckend.

In einer schalldichten Blase schwebt Kok Payom in Harmonie und Ruhe. Und jede Emotion verliert sich, schwächt sich ab, eingebettet in das Vakuum der Tage. Und „Bumm, Bumm“, die Monotonie des in Watte eingebunden Kardiogramm der gefilterten Tage, das unendlich langsame Sich Heben und Senken des in Watte verpackten Herzes. Verflüchtigt sich mit einem zarten Windstoß jede Suche nach Abenteuer, sanft abgefedert durch die Behaglichkeit der in den Himmel gemalten weißen Kissenlandschaften. Und man schwebt halb im Tag… Wo, ein Moloch an dem ich meine Kreativität auskotzen könnte?

Ich grub, um mein Herz zu versenken in der Arbeit.  Die Trieb wachsen zu sehen. Der Antrieb: Sprießen zu sehen: Seele und Setzlinge. Berstend aus der Erde, brechen die grünen Knospen. Ein rotes, rundes Glühen des Abends die Äste streift und die Palmen in Brand setzt. Wenn die Drachen durch die Lüfte reiten und die Kinder ihnen ein Lachen hinterherschicken. Die Leichtigkeit des Über-die-Felder-Rennens, in ihren Fäusten verwahren die Kinder ihre Leinen.

Überrannt von den Sprachen, die ich mir zu Lernen vorgenommen hatte, den Informationen, die ich anstrebte mir aneignen. My live honored productivity. Pas de temps pour se laisser tomber. Eingeklemmt zwischen den Nächten: Schreiben, Zeichnen und Lesen.

La vie quotidienne m’intimidait. Den Blast jedes Tages: Tonnen von Wasser, hervorgezogen am Morgen aus dunklen Tiefen. Running, running down my body. Nothing, that could wake me up. Und jeden Morgen aufs Neue. Der Besen, der die Überreste der letzten Nacht massakrierte…die Panik der Katzen.

Die Vormittage als eine Verkettung von Verwechslungen. 8:30 Uhr: Wenn die Kinder sich pünktlich in ihre Traumwelten flüchteten, zu denen ich seit langem den Schlüssel verloren hatte. Das Alter, das mich vom Spielplatz der Jugend gefegt hatte. Douter… Wo mich das Leben hingeführt hatte. In den Köpfen die sich ausbauenden Netzwerke akkumulierten Wissens , die das Lachen aus der Sprache der Heranwachsenden tilgen. Finally: Die Übersetzung des Glücks lesen wir in den Gesichtern unserer Kinder und nicht in den Vokabeltabellen der Schulbücher.

Anschlag um Anschlag flogen die Missverständnisse am Mittag in den Bildschirm. Messages leaving my Inbox. Always failed to describe… was passiert, was mit mir passiert. gab kao im Schatten des Baumes. Der müde Fluss der Gespräche… der retardierende Moment der zwölften Stunde, wenn man angenehm lasch im Raum hängt. Hechtend von Schatten zu Schatten. Und nur noch die Kraft haben unter der Sonne zu toben.

Wenn man vergisst, wo man gewesen ist, während des Blinzelns des Nachmittages, wenn man sich vergisst in einem Liedschlag einer Minute. Die verrauchten Kippen und abgefahrenen Boote als Grenzsteine im zeitlichen Niemandsland. Um vier Uhr: seine Träume aufschieben um dem Lärmen der Kinder Tribut zu zollen. Wenn die Fingerspitzen der Sonne sich am Horizont abtasten. Sich wappnend, die Luft vibriert unter dem Ansturm der Mücken. Après diner: Nachbarschaftshilfe, nicht steuerpflichtiger Eliteunterricht.  Für die verstrichenen Chancen und versäumten Talente. À quelque part: perdu.

Die letzten Augenblicke frisst die Nacht. Wenn man eintaucht in die schwarze Luzidität und treibt: im Auf und Ab der gedämpften Gespräche. Man dem Ein- und Ausatmen lauscht, dem Anschwellen der Stimmen. La nuit ne se muet jamais. Die Nacht kennt keinen Schlaf.

Bei jeder Rückkehr: show me a different face, tell me an other story. Eine Stadt durch den Filter der durchwachten Nächte: Trang. Das Wummern des Basses hallt nach im Hupen des morgendlichen Verkehrs. Die Vibration der Tunes, die die Füße zu ergreifen sucht. Ein Wunsch sich des Körpers bemächtigt. Slowly…die Menschen von ihren Bartischen losgerissen, letzte Bastionen der Vernunft im fiebernden Ozean. Let’s dance. What are you waiting for?! Die Stunden bis sich der Track entfaltet: totgeschlagen auf dem Nachmarkt. Zwischen den Ständen: the sweet taste of squeezed Strawberry. Und die Münder die sich zu Masken verziehen, wenn sich das Gift in deinen Blutbahnen niederlässt. Und pulsiert…

Eschige Zunbada (Part Two)

9. März 2011 - Eine Antwort

Press Back: Wie ich mich am nächsten Morgen rückwärts laufen fühle, rückwärts gefahren, rückwärtsgaloppiert fühle auf dem Sattel des Motorrads. Fremdbestimmt wurde ich über die Insel gewankt. Kautschukplantagen passieren und was passiert eigentlich mit mir? Weiter, weiter und der Motorroller röhrt auf, während wir über die Pflastersteine hetzen. Vorbei an dem einsamen Strand; durch dessen Bucht der Wind fegte, wie ein raues, ärgerliches Pamphlet an all die traurigen Strände, die unter der ignorierten Last des Betons ächzend zusammenbrechen. Weeping their salty tears into the sea. Die ausgebreiteten Handtücher trocknen keine Träne. 

“How does it taste: liberty?” Mein einziger Begleiter war taubstumm. Sich von Freiheit ernähren! Am Ende nährten sich die anderen durch mich. Das Obst von den Bäumen klauben! Am Ende presste an mich aus, wie eine unreife Limette. Mit einem Lächeln hatte man die hundert Baht Scheine aus meinem Portemonnaie gelockt: für das Campen, für das Essen, für die Fahrt. Je m’emmerdais

Ich setzte einen Fuß vor den anderen. Stundenlang. Die Sonne versetzte mich in eine andere Dimension: Hat Yao again. Das Rauschen der Wellen, Stürmen der Zweige bis alle Menschen eliminiert… Bis die Kehle trocken… Bis der Geist stumpf… Der junge Mann und die Wellen, der junge Mann und der Urwald …der Sand. Bis alles verwischt, bis das Ich verbleicht, irgendwann nur noch ein Versinken, ein Untergang im Grün und Blau und Gelb.

Hat Chao Mai: Embrassez moi solitude. Meine Hoffnungen den Wellen anvertraut, in den Himmel geschrieben: Doch niemand, der mir antworten konnte. Einzig der Wind, der nachts mein Zelt durchrüttelte. Sand der unhaltbar durch meine Hände rann und die Affen, die mich verlachten. Ein wohliges Erschauern: Wenn die Gestirne sich nachts in diamantenbesetzte Gewänder hüllen. Und Odion, der mir zuzwinkerte.

Es gibt sie noch und sie warten immer noch da draußen: Die einsamen Kinder der magischen Generation. Wie sie suchend umherirren auf ihrem playground Erde. Lange verwelkte Blumen im Haar folgen sie weiter ihrem Treck nach nowhere, von Rastlosigkeit verfolgt. Ihre Füße immer müder vom Tanzen, wenn das Alter einen einholt. Und wovon man schweigt: Heimat und Familie.

Ko Jam: Dieselben sonnenverbrannten Gesichter, dieselben nackten Bäuche. Dasselbe erschöpfte Wehklagen des Muezzins, die Palmen, die sich in gekränktem Stolz zusammenducken. Der Wald, wie er die Bucht umarmt, seine Äste schützend über sie wirft. Die Bucht, in der mein Zelt Heimat und Geborgenheit fand.

Fortgeführte Rituale: Das Schlecken der Flammen an der schwarzen Substanz der Nacht, herbeigezauberte geisterhafte Konturen, die sich auftürmen und umher wabern. Und bodenloser das Brennen des Whiskeys, ein gründlicheres Ausräuchern der Schatten meines Herzens. Wenn im Zwielicht des Abends der Wald zu atmen beginnt, die Bäume sich raschelnd schütteln, tausend Körper ihre Arbeit beginnen, im sich biegenden Unterholz.

Nachmittags schleppte ich meinen erschöpften Schatten hinter mir her. Über von Bungalows belagerte Strände und staubige Straßen. Mit dem Abstand von sechs Monaten seine Kultur beim Schlendern betrachten und dem Eis im Tee beim Schmelzen zuschauen. Er schien sich mit seinem Fahrrad in eine bessere Welt strampeln zu wollen,  so eifrig bereiste er die Insel. Wenn sich ein gutmütiges „Salut“ auf seinem Gesicht ausruhte und er die vom Himmel gefallenen Früchte vom Boden klaubte und schmunzelnd verteilte.

Am Hafen verreckten dümpelnd die Boote auf dem Wasser. Ich schaute dem Tag beim Wachsen zu. Waiting for the next boot home. Die Dehnbarkeit der Zeit, wenn man sich fremdbestimmt über die Straßen schleichen sieht. Wenn der Sprint der Minuten einem Kopfschmerzen bereitet. In Gedanken schon weit voraus…

Das Bangen: Wenn die Welt das Licht ausknipst und man der Bushaltestelle beim zusammenfalten zuschaut. Der letzte Bus geht später und du bist immer noch da.

Eschige Zunbada (Part One)

15. Februar 2011 - Leave a Response

Aufbruch: Wie ich in Hast meine Klamotten zusammenraffte und die Aufgaben, die sich auftürmen, wenn man dem vie quotidien davoneilt und doch alles in Ordnung wiederfinden möchte. Die Kautschukplantagen, die unendlich weit die Landschaft bevölkerten, die sich nicht lichten wollen und jede weitere stellte eine nächste Unendlichkeit des Wartens dar, und die Uferlosigkeit auf der anderen Seite der Scheibe sprach von verlorener Zeit und der Ungeduld von versetzten Menschen.

Eine Reise zur Essenz des eigenen Seins. Weil die Pigmente einen verfolgen, will man sich im Spiegel nicht wiedererkennen. Und wie ich mich gerne in mein Schubfach eingesperrt hätte, doch irgendwo vergaß ich… And were is home anyway. Und wie ich Boden verliere, losing gravity, wie ich ziellos herum schwebe. Im Ozean meiner Persönlichkeit nur unbeantwortete Fragen aufwirbele. Und wo die fängt die Selbstaufgabe an?
Wie ich verlorenes wiederentdecke und anderes nicht wiedererkenne. Ist das hier ein Neuanfang? Oder doch nur Antiquariat verpackt in Rot, Weiß, Blau. Weil das Ambiente nur von Multikulturalität sprach. Nostalgie als fester Bestandteil der Einrichtung. Vertrautheit, die in alle Nischen kriecht, in die Korbsessel, die sonnengelbe Tapete. Because a notion of home is swinging in every Jazzsong leaving the speakers. Paralleluniversum am Bahnhof. Thailand als fakultatives Exil. Ein Leben mit gepacktem Koffer: Geboren in Israel, gestern die Niederlande, heute Thailand, morgen Burma: Maayan. Und ich erinnere mich nicht mehr worüber wir sprachen, nur an die Leichtigkeit mit der meine Zunge die englischen Wörter formte. Als wir unsere Ärsche an den Polstermöbeln abrieben und unsere Getränke auf Tische abstellten. Der Blick in meinen Espresso: ein kleines rundes Loch, das sprach von Heimat und der Gummizelle der eigenen Kultur. Was uns verbindet ist unser Beruf, ist eine verdeckte Sehnsucht, die bisweilen unsere Seele überflutet. Wir hockten um die Tische, wie die Brieftauben in der Fremde auf den Strommasten kleben. Unsere Welt am Draht. Es war in diesen Tagen, da die Hipster mit ihren Rennrädern das Café bevölkerten, dass ich Gefallen fand an dem Oszillieren zwischen Papayasalat auf dem Nachtmarkt und der minimal bitteren Süße des Mokkas. Und seiner Wärme, als er durch meine Kehle rann, wie eine Ansichtskarte von einem guten Bekannten.

Trang als wilde, laute, grobe, brüllende Bestie, wie jede thailändische Stadt aus dem Erdboden gestampft. Doch zähmbar, selbst mit Fahrrad. Ich fühlte mich ein wenig neben mir, in die Nacht schüttelte mich ein leichtes Fieber. Auf dem bewaldeten Grün des Hügels wachten die Buddhas über der Stadt. Noch zu schwach für den Aufstieg.
Die Lautsprecherdurchsagen über abfahrende Züge am Bahnhof, wie sie an meine Ohren krochen, als unverständliche Wortfetzten. Und die Züge sprechen zu mir von Aufbruch und Reisen. Wo mich die nächten Schritte wohl hinführen?

Sie verschanzen sich auf den Inseln, gefangen in ihren Ressorts, zusammengepfercht wie in Gettos überfluten sie die Strände. Eine geschlossene Gesellschaft unter Palmen. Man steuert sie durch artifizielle Welten und künstliche Wirklichkeiten. Und sie bemerken ihre Entfremdung nicht. Smalltalk pronounced in bad English. Ihr Lachen zu laut, ihre Gespräche zu interessiert, ihr Gebärden zu ernsthaft. Ich gebe meinem eigenen Platzanweiser Rätsel auf: „An welchem Tisch darf ich speisen?“. Wenn ich mich beim Singen nach Buchstaben, beim Repetieren des immer gleichen Chorals seltsam deplatziert fühle. Wenn man immer aus sich selbst zurückgeworfen wird. Kein Hafen in Sicht mit einer ungelöschten Ladung, eine Last die brennt, die einen verbrennt. Die Einsamkeit unter Menschen. Essayer de trouver des réponses aux questions irrésolues dans l’abîme de mon bière.

Und zwischen flüchtigen Begegnungen, die Strände von Hat Yao: Die blutige Sonne, wie sie am Abend leidenschaftlich auf dem Schlachtfeld der Gestirne fällt. Der Dunst des Morgens, der die Fischerbotte in seinen nebeligen Schleier bettet. Ein neuer Tag der sich unter dem verrinnenden Sand der Tide entfaltet.

Seeking For… (Part One)

21. Januar 2011 - Leave a Response

Mittagshitze in Bang Bats Retaurant: über mir die Sonne, auf meinem Rücken kauert mein Bagpack. Ausbleiben der Schwerkraft. Wo noch Gewicht suchen, wenn man die Last der Frage „Was wartet auf mich?“ vergessen hat. Weiße Linien pressen sich das klebrige Schwarz des schmelzenden Asphalts. Der Blick verirrt sich im Flimmern. Befreit in der Anonymität der Straße, die Heimlichkeit meines Abschieds. Ich breche auf das Vakuum des Raumes zu zerstören, der Wille die Orte zu bevölkern mit persönlichen Assoziationen. Meine Reise: Bis jetzt nicht mehr, als ein unscharfes Satellitenbild, als weiße Linien, die inmitten einer leeren Landschaft hängen, oder Ziffern ohne Bezug (416, 406, 3005, 4184), denen ich und Chet mit dem Finger folgen. Drückende Schwüle, Wolkenbahnen, die langsam über den Himmel kriechen, wie verendete Schaffe. Nicht ein einziger Windhauch vom Meer. Nur der Ozean: ein einziger glatter blauer Spiegel und u seines Willen die welligen Falten auf Chets Stirn, sie sprechen von Sorge und Zweifel. Denn an Küste wallt ein undurchdringliche Grün und mein Plan, dem Gestade gen Süden zu folgen, bis zur Grenz auf dem dünnen Gummi meiner Flip-Flops bleibt eine Illusion. Ein Traum, von Autarkie, Freiheit und unbegrenzten Möglichkeiten, den im Sonnenschein verbleicht. Ich beklagte ihn nur kurz, wie er zu Grabe getragen wurde als Opfer dieses Tages. Der Fahrtwind in der Nase, bleibt immer noch die Zuversicht. Und sie benetzte meine Lippen, kalt und süß, toupiert mit klebrigem Reis und Erdnussstückchen.

 Brücken, Tankstellen, Biegungen… Erinnerungen als zufällige Momentaufnahmen, als eine triviale Diashow.

Das Wetter schreibt nicht gerne Prologe: Eine Welt vergeht innerhalb von Minuten. Nieselregen, Platzregen… Der den Rand säumende Schlamm fließt zu einer matschigen Brühe auseinander. Seek of friction. Ein in H2O broschierter Highway. Spießrutenlauf zum nächsten Unterstand. Der Puls des Adrenalins: Aufstöhnen, Aufschreien, Gejohle und Gelächter. Wenn sich schwitzige testosterongeschwängerte Körper umarmen mit der Kraft in Leder eingebundener Muskelstränge. Television aims for victims. Television rules the nation. Die Ergebnisse fällen ihre Urteile, benennen ihre Opfer. Feuchter Tabak in getrocknetem Schilfmantel. Mich erreicht mein Kaffee und anschließend werde ich herumgereicht. Die schwarze Ebene des Kaffees, wie sie aufhellt zu einem milchigen Weiß. Wie das Gestein der Himmelgebirge in leuchtenden Sprenkeln aufbricht und überflutet auseinanderbricht. Symbiose aus Blau und Schwarz, Verbindung von Wasser und Kohle in der Molekülstruktur des Himmels.

Meinen Weg fortgeführt auf der schnurgeraden Linie Grau. Auf der Straße steht noch Wasser, ein Spiegel goldener Reflektionen im letzten Licht des Tages. Und in ihren Gräbern liegen die Pfützen als blutige Tümpel. Am Straßenrand gähnen die schwarzen Öffnungen der Werkstätten und Shops. Doch als sachtes Parfüm liegt in der Luft der Geruch des nassen Asphalts.

Impression flatter mind. Jeder Streckenabschnitt al Projektionsfläche unserer flüchtigen Gedanken. Subjectivité, embrasse-moi. Das, welches mich umtreibt, umklammert, umstößt und die Umgebung, als Liaison von Erinnerung und Empirie im Geist. Und jeder Nachgeschmack leckt an der Zunge als Symbiose aus sense und thoughts.

Das Verstehen: Irgendwann verklingt jedes Tones Tag und oft ist die Komposition des Epilogs ein verwunderliches Kuriosum, eine sonderbares fatalistisches Pfeifen. Wenn man das Sich treiben nur zulässt. Wenn man das Sich Gehenlassen nur zulässt. Die Heimeligkeit der Familie. Seit langem eingeübte, einstudierte Choreographie zwischenmenschlicher Bezüge. Vertraute Beziehungskonstellationen. Die Wärme des Haues. Und wo ein Fremder zum Freund wird. An diesem Abend bleibt die Höflichkeit wie eine unsichtbare Wand im Raum stehen und der Geruch einer fremden Zudecke kratzt ein wenig in meiner Nase. Trotz allem: Wohlbehagen.

Uplifter

4. Januar 2011 - Leave a Response

Zwei Monate in Kok Payom ohne einen Break in der monotonen Melodie des Alltags. Der Rückfall in die europäische Angewohnheit, dass Leben kontrollieren zu wollen, dem Diktat des berechnenden Geist zu unterwerfen: ein schleichender Prozess. Gefangen wieder in gedachten To-Do Listen, jede Sekunde das Äquivalent einer Pflicht. Vom Frühstück bist zum Abendessen wird der Tag auf seine Berufung reduziert, auf jedem prangt zu Beginn der freudlosen Stempel „Aufgabe“.

Warum sich nicht einfach rückwärts fallen lassen in den Tag. Es wäre so einfach. Und immer fängt er dich behutsam auf und wickelt dich sachte in seine Stunden.

Reflexion, Reaktion, Revision: Das neue Jahr eine Gelegenheit seine Sendefrequenz zu justieren, das Aufsetzen meiner rosa Kontaktlinsen: völlig überflüssig. Just spin your UKW a little bit: Wenn du weniger rauschst, triffst du den Ton besser. C’est juste une question d’attitude.

Wenn ich in meiner Hängematte die Augen schließe, überkommt mich oft der Gedanke, ich befände mich auf einer kleinen Schaluppe. Bei Sturm wirft sie mich aus ihrer Annehmlichkeit – zum Glück. Gerüchte über das Anrollen eines Tsunami? „Unsinn“ winken die villager ab.

Und dann soll Weihnachten und dann soll Sylvester… Ich wundere mich, wie das möglich sei, wie die Zeit vorbeizieht, die Wolken: Große gemächliche graue Elefanten. Ich frage mich: „Wer hat den Schnee versteckt?“ Stattdessen bleibt das Wetter nasskalt dieser Tage.

Michael schneit kurz vor Weihnachten in Kok Payom ein, zerstört den trivialen Trott. Auf seinen Schultern ein Rucksack voller süßer festlicher Vorahnung, im Kopf einen fertigen Plan neuer Ideen zur Umsetzung. Ein Ruck kurz vor dem Rutsch.

Die Finger der Schatten der Kerzen an den Wänden, greifen nach menschlichen Körpern, ruhen auf einer Plastiktanne. Im gespendeten Zwielicht manifestiert sich eine kleine Gruppe von Menschen, sowohl Thais als auch farangs, die sich im Kreis um Tafeln Schokolade und Spekulatius versammelt hat. Und dann dürfen auch in diesem Jahr Geschenke in kindlichem Übermut von ihrer Glitzerfolie befreit werden. Leuchtende Augen, alle Jahre wieder und aus irgendeinem Grund beruhigt eine diese Kontinuität, als hätte sich nichts verändert innerhalb der letzten zwanzig Jahre. Am Ende des Abends: erfüllt von einem wohligen sentiment der Wärme, dass nicht der Wirkung von Michaels Aufgesetztem geschuldet ist. 

Pauline, Sophie, Jakob und ich: vier konzentrische Wellenkreise, die sich an den gleichen Stellen berühren, eingespielte Bewegungen und altvertrautes Gleichgewicht. Eine Dynamik, die durch die Ankunft der Freiwilligenurlauber zum Inselbesuch durcheinandergewirbelt wird. Eine Chance für Neuerung, der Aktionsplan liegt bereits ausgebreitet vor uns. Der salah füllt sich auf mit Leben, pumpt sich satt mit Energie. Press the red button. The new level is starting! Ich liege dieser Tage einstweilen krank im Bett, derweil scheint mein Wille das Einzige mir zugehörige, was sich noch nicht verflüssigt hat.

Das Land des Lächelns entschließt sich, während unseres Aufenthalts auf Ko Lidee im auslaufenden Jahr, sich noch einmal auf seinen Ruf zu besinnen: sich pellende Haut unter unseren Nägeln, Salzkrusten an unseren Badehosen und Sandkörner in unseren Haaren als Relikte unseres Aufenthalts. Der Geruch von Whiskey und Alkalimetalle verbindet sich in meiner Nase zum Konglomerat des letzten Moments in 2010. Über uns schwebt ein anderer Himmel, frei von Trübung: ein Meer aus tausenden kristallenen Perlen.

Urwald, Sandstrand, eine winzige grüne Ellipse, umgeben von blauer Negativfläche. „Pfatsch“, „Pfatsch“ schlappen unsere Flip Flops durch den Sand, Körner beim Abschuss unserer Fußballen auf sich selbst zurückwerfend. Und der letzten Seite dieses Buches folgt die erste Seite des nächsten,

und des nächsten…