Eschige Zunbada (Part Two)
9. März 2011

Press Back: Wie ich mich am nächsten Morgen rückwärts laufen fühle, rückwärts gefahren, rückwärtsgaloppiert fühle auf dem Sattel des Motorrads. Fremdbestimmt wurde ich über die Insel gewankt. Kautschukplantagen passieren und was passiert eigentlich mit mir? Weiter, weiter und der Motorroller röhrt auf, während wir über die Pflastersteine hetzen. Vorbei an dem einsamen Strand; durch dessen Bucht der Wind fegte, wie ein raues, ärgerliches Pamphlet an all die traurigen Strände, die unter der ignorierten Last des Betons ächzend zusammenbrechen. Weeping their salty tears into the sea. Die ausgebreiteten Handtücher trocknen keine Träne. 

“How does it taste: liberty?” Mein einziger Begleiter war taubstumm. Sich von Freiheit ernähren! Am Ende nährten sich die anderen durch mich. Das Obst von den Bäumen klauben! Am Ende presste an mich aus, wie eine unreife Limette. Mit einem Lächeln hatte man die hundert Baht Scheine aus meinem Portemonnaie gelockt: für das Campen, für das Essen, für die Fahrt. Je m’emmerdais

Ich setzte einen Fuß vor den anderen. Stundenlang. Die Sonne versetzte mich in eine andere Dimension: Hat Yao again. Das Rauschen der Wellen, Stürmen der Zweige bis alle Menschen eliminiert… Bis die Kehle trocken… Bis der Geist stumpf… Der junge Mann und die Wellen, der junge Mann und der Urwald …der Sand. Bis alles verwischt, bis das Ich verbleicht, irgendwann nur noch ein Versinken, ein Untergang im Grün und Blau und Gelb.

Hat Chao Mai: Embrassez moi solitude. Meine Hoffnungen den Wellen anvertraut, in den Himmel geschrieben: Doch niemand, der mir antworten konnte. Einzig der Wind, der nachts mein Zelt durchrüttelte. Sand der unhaltbar durch meine Hände rann und die Affen, die mich verlachten. Ein wohliges Erschauern: Wenn die Gestirne sich nachts in diamantenbesetzte Gewänder hüllen. Und Odion, der mir zuzwinkerte.

Es gibt sie noch und sie warten immer noch da draußen: Die einsamen Kinder der magischen Generation. Wie sie suchend umherirren auf ihrem playground Erde. Lange verwelkte Blumen im Haar folgen sie weiter ihrem Treck nach nowhere, von Rastlosigkeit verfolgt. Ihre Füße immer müder vom Tanzen, wenn das Alter einen einholt. Und wovon man schweigt: Heimat und Familie.

Ko Jam: Dieselben sonnenverbrannten Gesichter, dieselben nackten Bäuche. Dasselbe erschöpfte Wehklagen des Muezzins, die Palmen, die sich in gekränktem Stolz zusammenducken. Der Wald, wie er die Bucht umarmt, seine Äste schützend über sie wirft. Die Bucht, in der mein Zelt Heimat und Geborgenheit fand.

Fortgeführte Rituale: Das Schlecken der Flammen an der schwarzen Substanz der Nacht, herbeigezauberte geisterhafte Konturen, die sich auftürmen und umher wabern. Und bodenloser das Brennen des Whiskeys, ein gründlicheres Ausräuchern der Schatten meines Herzens. Wenn im Zwielicht des Abends der Wald zu atmen beginnt, die Bäume sich raschelnd schütteln, tausend Körper ihre Arbeit beginnen, im sich biegenden Unterholz.

Nachmittags schleppte ich meinen erschöpften Schatten hinter mir her. Über von Bungalows belagerte Strände und staubige Straßen. Mit dem Abstand von sechs Monaten seine Kultur beim Schlendern betrachten und dem Eis im Tee beim Schmelzen zuschauen. Er schien sich mit seinem Fahrrad in eine bessere Welt strampeln zu wollen,  so eifrig bereiste er die Insel. Wenn sich ein gutmütiges „Salut“ auf seinem Gesicht ausruhte und er die vom Himmel gefallenen Früchte vom Boden klaubte und schmunzelnd verteilte.

Am Hafen verreckten dümpelnd die Boote auf dem Wasser. Ich schaute dem Tag beim Wachsen zu. Waiting for the next boot home. Die Dehnbarkeit der Zeit, wenn man sich fremdbestimmt über die Straßen schleichen sieht. Wenn der Sprint der Minuten einem Kopfschmerzen bereitet. In Gedanken schon weit voraus…

Das Bangen: Wenn die Welt das Licht ausknipst und man der Bushaltestelle beim zusammenfalten zuschaut. Der letzte Bus geht später und du bist immer noch da.

Eschige Zunbada (Part One)
15. Februar 2011

Aufbruch: Wie ich in Hast meine Klamotten zusammenraffte und die Aufgaben, die sich auftürmen, wenn man dem vie quotidien davoneilt und doch alles in Ordnung wiederfinden möchte. Die Kautschukplantagen, die unendlich weit die Landschaft bevölkerten, die sich nicht lichten wollen und jede weitere stellte eine nächste Unendlichkeit des Wartens dar, und die Uferlosigkeit auf der anderen Seite der Scheibe sprach von verlorener Zeit und der Ungeduld von versetzten Menschen.

Eine Reise zur Essenz des eigenen Seins. Weil die Pigmente einen verfolgen, will man sich im Spiegel nicht wiedererkennen. Und wie ich mich gerne in mein Schubfach eingesperrt hätte, doch irgendwo vergaß ich… And were is home anyway. Und wie ich Boden verliere, losing gravity, wie ich ziellos herum schwebe. Im Ozean meiner Persönlichkeit nur unbeantwortete Fragen aufwirbele. Und wo die fängt die Selbstaufgabe an?
Wie ich verlorenes wiederentdecke und anderes nicht wiedererkenne. Ist das hier ein Neuanfang? Oder doch nur Antiquariat verpackt in Rot, Weiß, Blau. Weil das Ambiente nur von Multikulturalität sprach. Nostalgie als fester Bestandteil der Einrichtung. Vertrautheit, die in alle Nischen kriecht, in die Korbsessel, die sonnengelbe Tapete. Because a notion of home is swinging in every Jazzsong leaving the speakers. Paralleluniversum am Bahnhof. Thailand als fakultatives Exil. Ein Leben mit gepacktem Koffer: Geboren in Israel, gestern die Niederlande, heute Thailand, morgen Burma: Maayan. Und ich erinnere mich nicht mehr worüber wir sprachen, nur an die Leichtigkeit mit der meine Zunge die englischen Wörter formte. Als wir unsere Ärsche an den Polstermöbeln abrieben und unsere Getränke auf Tische abstellten. Der Blick in meinen Espresso: ein kleines rundes Loch, das sprach von Heimat und der Gummizelle der eigenen Kultur. Was uns verbindet ist unser Beruf, ist eine verdeckte Sehnsucht, die bisweilen unsere Seele überflutet. Wir hockten um die Tische, wie die Brieftauben in der Fremde auf den Strommasten kleben. Unsere Welt am Draht. Es war in diesen Tagen, da die Hipster mit ihren Rennrädern das Café bevölkerten, dass ich Gefallen fand an dem Oszillieren zwischen Papayasalat auf dem Nachtmarkt und der minimal bitteren Süße des Mokkas. Und seiner Wärme, als er durch meine Kehle rann, wie eine Ansichtskarte von einem guten Bekannten.

Trang als wilde, laute, grobe, brüllende Bestie, wie jede thailändische Stadt aus dem Erdboden gestampft. Doch zähmbar, selbst mit Fahrrad. Ich fühlte mich ein wenig neben mir, in die Nacht schüttelte mich ein leichtes Fieber. Auf dem bewaldeten Grün des Hügels wachten die Buddhas über der Stadt. Noch zu schwach für den Aufstieg.
Die Lautsprecherdurchsagen über abfahrende Züge am Bahnhof, wie sie an meine Ohren krochen, als unverständliche Wortfetzten. Und die Züge sprechen zu mir von Aufbruch und Reisen. Wo mich die nächten Schritte wohl hinführen?

Sie verschanzen sich auf den Inseln, gefangen in ihren Ressorts, zusammengepfercht wie in Gettos überfluten sie die Strände. Eine geschlossene Gesellschaft unter Palmen. Man steuert sie durch artifizielle Welten und künstliche Wirklichkeiten. Und sie bemerken ihre Entfremdung nicht. Smalltalk pronounced in bad English. Ihr Lachen zu laut, ihre Gespräche zu interessiert, ihr Gebärden zu ernsthaft. Ich gebe meinem eigenen Platzanweiser Rätsel auf: „An welchem Tisch darf ich speisen?“. Wenn ich mich beim Singen nach Buchstaben, beim Repetieren des immer gleichen Chorals seltsam deplatziert fühle. Wenn man immer aus sich selbst zurückgeworfen wird. Kein Hafen in Sicht mit einer ungelöschten Ladung, eine Last die brennt, die einen verbrennt. Die Einsamkeit unter Menschen. Essayer de trouver des réponses aux questions irrésolues dans l’abîme de mon bière.

Und zwischen flüchtigen Begegnungen, die Strände von Hat Yao: Die blutige Sonne, wie sie am Abend leidenschaftlich auf dem Schlachtfeld der Gestirne fällt. Der Dunst des Morgens, der die Fischerbotte in seinen nebeligen Schleier bettet. Ein neuer Tag der sich unter dem verrinnenden Sand der Tide entfaltet.