Über mich

Man kennt die alte Leier ja bereits von unzähligen Vorbereitungstreffen für diverse years abroad und anderen Heute-kommen-wir-endlich-mit-uns-ins-Reine-Treffen der anonymen Esoteriker und ihrer Gefolgschaft. Da setzen sich die Veranstalter feierlich in die Runde und verkünden, man solle jetzt eine fiktive Korrespondenz an sich selbst verfassen, einen lettre profonde an seinen Alten Ego, verordnete Schizophrenie sozusagen. Schlussendlich wird dann mit mahnendem Zeigefinger auf den Wert dieses Crashkurses in Sachen Selbstfindung hingewiesen und alsbald findet man sich in einem verdunkelten Raum, eingesperrt in einem Gefängnis aus Einsamkeit und Isolation, ein unbeschriebenes Blatt vor sich, dass im Laufe der nächsten Stunden in der Regel auch nur sehr spärlich mit Tinte getränkt wird.

Erschreckend festzustellen, dass auch sämtliche Internetcommunity, inklusive dieses Blogs seit längerem mit Rubriken wie „Über mich“, die es auszufüllen gibt um nicht der gesellschaftlichen Ächtung anheimzufallen, einen zur Selbstkasteiung durch aufoktroyierte Eigenbeschreibung zwingen.  Zur Freude des Inquisitionstribunals des World Wide Web darf sich jeder, der nur über einen Internetzugang verfügt, an solchen Schauprozessen weiden, Privatsphäre war gestern.

Dabei wächst heute jedes Kleinkind im Bewusstsein auf, dass das Bild seiner selbst sehr selten mit dem unserer Mitmenschen korrespondiert, im Gegenteil ist es oft das konkurrierende Bewusstsein der Anderen das uns in bestimmte Rollen drängt und in dem wir uns widerspiegeln.

Ein Meter achtundsiebzig groß, neunzehn Jahre alt, blaugrüne Augen, geboren am dreizehnten März in Köln, Familienstand: ledig, dass bin ich, jedenfalls behauptet das mein Personalausweiß. Aufgewachsen in einer Kleinstadt, die diese Bezeichnung bei weitem nicht verdient, schlug ich den Lebensweg ein, der mir, Akademikerkind dass ich bin, als der selbstverständlichste vorkam: Besuch des städtischen Gymnasiums, Schüleraustausch mit einem englischen Partnercollege, Auslandsjahr in Kanada und schlussendlich Abschluss des Abiturs mit einträglichem Durchschnitt.

Leben heißt Veränderung und so wurde das solitäre  Leben vor der heimischen Blechbüchse, abgekapselt von der Außenwelt ersetzt durch durchwachte Nächte in Bars, auf Konzerten und in einschlägigen Clubs in Köln. Irgendwie verlor man sich, Gehirnzellenmatsch und Synapsenkollaps im propre cerveau. Immer auf der Suche nach dem großen Kick zerfraß es mich selbst, irgendwann brachte der notwenige Supergau die Erkenntnis:  Wahre Neuerung, wirklichen Exzess, Feuerwerk der körpereigenen Rezeptoren findet man nicht in der vertrauten Liegepritsche, die Gedanken vereinnahmt durch ein kontinuierliches Brummen des Schädels, sondern in der Fremde.

Um an Konzepte statischer Persönlichkeit zu glauben, habe ich in meinem Leben schon zu viel prozesshafte Wandlungen durchgemacht macht. Wenn mich als Charakter etwas auszeichnet, dann ist es gerade dieses Oszillieren zwischen Hurra-Idealismus und menschenbelächelnden Zynismus, diese Dichotomie von Bohème und Bourgeoise. Ich bin aufgewachsen in einer Generation, die vielleicht die einzig wirklich verlorene ist, auch wenn das jeder Jahrgang für sich beansprucht. “ Ich sah die besten Köpfe meiner Generation zerstört vom Wahnsinn, ausgemergelt hysterisch nackt […]“, wie sie ohne Ziel herumwanderten, weil Fortschritt um seiner selbst willen kein Antrieb mehr sein konnte, da die letzte große Konstante weggefallen der letze Glaubensstein abgetragen war und man erkennen musste, dass die Welt schlussendlich doch nicht logisierbar und mit Begriffen fassbar war.

Was mich trägt, ist der philanthrope Glaube an das Gute im Menschen, an die Freiheit des Menschen, auch unter dem Gesetz der Kausalität, an Schicksal, Weltenseele und den großen Plan.

4 Antworten

  1. Hey Jonas,

    Carsten hat mir gerade verraten, dass du noch nicht einmal gepackt hast, wobei es doch schon morgen für dich losgeht. 😀 Nichtsdestotrotz, wünsche ich dir dabei gutes Gelingen, und natürlich, dass das ein super jahr für uns wird ! Ich verweise hierbei auf meinen Blog, der eventuell etwas sachlicher und nüchterner anmutet. Ich speicher deinen Blog untermeinen Links. 😉
    alexornication.wordpress.com
    viele grüße und guten flug,

    alex

  2. Jonas,

    war das dein Bewerbungsschreiben an den SCI?

    Und ja, den großen Plan gilt es noch zu verwirklichen, aber dazu in einem Jahr mehr, schätze ich.

    Richard

  3. hey felix!
    alles ist wie´s ist…hoffe bei dir auch.
    ich les dich und du kannst nun auch mich lesen…
    http://amani-mbigili.blogspot.com/
    grüßchen

  4. Beste Grüsse aus San Francisco.

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