Eschige Zunbada (Part One)
15. Februar 2011

Aufbruch: Wie ich in Hast meine Klamotten zusammenraffte und die Aufgaben, die sich auftürmen, wenn man dem vie quotidien davoneilt und doch alles in Ordnung wiederfinden möchte. Die Kautschukplantagen, die unendlich weit die Landschaft bevölkerten, die sich nicht lichten wollen und jede weitere stellte eine nächste Unendlichkeit des Wartens dar, und die Uferlosigkeit auf der anderen Seite der Scheibe sprach von verlorener Zeit und der Ungeduld von versetzten Menschen.

Eine Reise zur Essenz des eigenen Seins. Weil die Pigmente einen verfolgen, will man sich im Spiegel nicht wiedererkennen. Und wie ich mich gerne in mein Schubfach eingesperrt hätte, doch irgendwo vergaß ich… And were is home anyway. Und wie ich Boden verliere, losing gravity, wie ich ziellos herum schwebe. Im Ozean meiner Persönlichkeit nur unbeantwortete Fragen aufwirbele. Und wo die fängt die Selbstaufgabe an?
Wie ich verlorenes wiederentdecke und anderes nicht wiedererkenne. Ist das hier ein Neuanfang? Oder doch nur Antiquariat verpackt in Rot, Weiß, Blau. Weil das Ambiente nur von Multikulturalität sprach. Nostalgie als fester Bestandteil der Einrichtung. Vertrautheit, die in alle Nischen kriecht, in die Korbsessel, die sonnengelbe Tapete. Because a notion of home is swinging in every Jazzsong leaving the speakers. Paralleluniversum am Bahnhof. Thailand als fakultatives Exil. Ein Leben mit gepacktem Koffer: Geboren in Israel, gestern die Niederlande, heute Thailand, morgen Burma: Maayan. Und ich erinnere mich nicht mehr worüber wir sprachen, nur an die Leichtigkeit mit der meine Zunge die englischen Wörter formte. Als wir unsere Ärsche an den Polstermöbeln abrieben und unsere Getränke auf Tische abstellten. Der Blick in meinen Espresso: ein kleines rundes Loch, das sprach von Heimat und der Gummizelle der eigenen Kultur. Was uns verbindet ist unser Beruf, ist eine verdeckte Sehnsucht, die bisweilen unsere Seele überflutet. Wir hockten um die Tische, wie die Brieftauben in der Fremde auf den Strommasten kleben. Unsere Welt am Draht. Es war in diesen Tagen, da die Hipster mit ihren Rennrädern das Café bevölkerten, dass ich Gefallen fand an dem Oszillieren zwischen Papayasalat auf dem Nachtmarkt und der minimal bitteren Süße des Mokkas. Und seiner Wärme, als er durch meine Kehle rann, wie eine Ansichtskarte von einem guten Bekannten.

Trang als wilde, laute, grobe, brüllende Bestie, wie jede thailändische Stadt aus dem Erdboden gestampft. Doch zähmbar, selbst mit Fahrrad. Ich fühlte mich ein wenig neben mir, in die Nacht schüttelte mich ein leichtes Fieber. Auf dem bewaldeten Grün des Hügels wachten die Buddhas über der Stadt. Noch zu schwach für den Aufstieg.
Die Lautsprecherdurchsagen über abfahrende Züge am Bahnhof, wie sie an meine Ohren krochen, als unverständliche Wortfetzten. Und die Züge sprechen zu mir von Aufbruch und Reisen. Wo mich die nächten Schritte wohl hinführen?

Sie verschanzen sich auf den Inseln, gefangen in ihren Ressorts, zusammengepfercht wie in Gettos überfluten sie die Strände. Eine geschlossene Gesellschaft unter Palmen. Man steuert sie durch artifizielle Welten und künstliche Wirklichkeiten. Und sie bemerken ihre Entfremdung nicht. Smalltalk pronounced in bad English. Ihr Lachen zu laut, ihre Gespräche zu interessiert, ihr Gebärden zu ernsthaft. Ich gebe meinem eigenen Platzanweiser Rätsel auf: „An welchem Tisch darf ich speisen?“. Wenn ich mich beim Singen nach Buchstaben, beim Repetieren des immer gleichen Chorals seltsam deplatziert fühle. Wenn man immer aus sich selbst zurückgeworfen wird. Kein Hafen in Sicht mit einer ungelöschten Ladung, eine Last die brennt, die einen verbrennt. Die Einsamkeit unter Menschen. Essayer de trouver des réponses aux questions irrésolues dans l’abîme de mon bière.

Und zwischen flüchtigen Begegnungen, die Strände von Hat Yao: Die blutige Sonne, wie sie am Abend leidenschaftlich auf dem Schlachtfeld der Gestirne fällt. Der Dunst des Morgens, der die Fischerbotte in seinen nebeligen Schleier bettet. Ein neuer Tag der sich unter dem verrinnenden Sand der Tide entfaltet.

Die Harmonie Von Sonne Und Mond (Part Two)
18. November 2010

… Hinter einem Restaurant waten wir, die Flip-Flops in der Hand zu einer kleinen Longtailschaluppe, die sich schleppend gegen die Wellenkämme aus der Bucht entfernt und sich an der Küste haltend vorbeischippert an  abenteuerlichen Felsformationen und unerforschten Höllen, durch die Jahrtausende hinweg ausgewaschen von Millionen von salzigen Wogen.

Die Erinnerungen an meine Tage in Railey verblassen langsam. Ein steiniger Weg, der zu unserer Bungalowanlage, kleine Zweimannflachbauten, ausgestattet mit einem geräumigen Bett, Dusche und europäischer Toilette hochführt, vorbei an einigen Shops und Restaurants, Urwald und Bauzäunen. Weißer Sand, der sich bei Flut unter einer Decke aus friedlichem Azurgrün versteckt, Liegestühle unter Palmen (Bedauern über einen fehlenden bouquin). Ein mit feinem Sand und Muscheln bedeckte Küstenstreifen, deren Untergrund  bis in einen kleinen Fußwegs, getragen wurde an dem, gegenüber einer Hütte mehrere aus Bambusstäben zusammengenagelte Pavillons stehen, die Schatten spenden für begeisterte ihren Bananenmilchshake schlürfende Kletterer.

Bei niedriger Tide kraxeln wir über rissiges Gestein durch von Algen bewachsene Felsbecken,  in denen sich das Wasser sammelt, klettern über Steinformationen hinweg auf unserem Weg nach Railey.

Die Dämmerung hält früh Einzug in diesem Teil der Erde. Der Mond, ein runder leuchtender Ball am finsteren Himmel, mit all seinen Nuancen von Hellgrau und Weiß, schien hell in dieser Nacht, in der wir bis spätabends aus großen von Strohhalmen und Eis überquellenden blauen Eimern Whiskey mit Red-Bull tranken, die grüne Plastikblumen zierten, Weich und gemütlich unter mir nach gab das Bett unter mir nach, nachdem ich relativ früh, leicht schwindelnd im Kopf von der Gesellschaft verabschiedet hatte. Konfuse Irrlichter geisterten in dieser Nacht durch mein Hirn, in der Umwölkung eines Traumes flaniere ich auf dem schmalen Grad zwischen Realität und Fiktion, wandle ich umher auf dem kleinen asphaltierten Pfad zwischen den Ferienapartments, während der Mond in seiner vollen Größe über mich wacht, langsam weicht die Trübung meiner Sinne, ein einsamer Rückkehrer  wendet sich im Vorbeigehen besorgt um zu diesem einsamen Wanderer, der einzig bedeckt mit einer Boxershorts verwirrt in einem Zustand völliger Verwirrung zwischen den Welten spaziert. Die Türe ist verschlossen, vielleicht für Stunden saß ich auf einem Plastikstuhl auf der Terrasse vor dem Haus, verrückt in einer anderen Wirklichkeit, unerreichbar für unseren Wirkungsbereich. Dann hüllte mich die Angst des Wirrsals ein. Fragen, die sich ein Traumwandler stellt: „Wie komm ich hier her?“, „Wie finde ich zurück?“, „Wie komme ich dorthin zurück, von wo ich gekommen bin?“. Aufgelöst, noch nicht in der Lage, dass Geschehene zu realisieren, klopfe ich an der Türe, die ich für die richtige erachte. Welche der emaillierten Chiffren führt mich zurück? Ein verschlafener in seiner Nachtruhe gestörter Bobby öffnet mir, mürrisch weißt er mir den Weg. Ein zerzauster Jakob, resignierend gegen diesen Eindringling seiner Rast entriegelt das Tor zu meinem tiefen Hingang.

Am frühen Mittag sitze ich im Schatten von Palmen, beobachte einen erneuten Umschwung der Gezeitenströmungen, eine sachte Versenkung in das Näherrücken der Brandung. Ein heiliger Platz, einiger der wenigen Orte an dem ich inmitten dieses ungenutzten Urlaub Erholung finden soll. Das Sich Sammeln hat seine Zeit, in diesen Tagen in Einklang mit der empfangenen Erde zu stehen fällt schwer, Kreativität dort zu entwickeln, wo keine Leidenschaft, kein Handeln vorher war scheint unmöglich. In diesem Umfeld mutet es nutzlos an, Thai-Vokabeln Phasen einer Sprache zu sprechen, deren Bevölkerung so weit von ihren Wurzeln entfremdet wurde. Ich suche Nutzen in diesem Leben, am  Nachmittag biete ich mich einigen jungen Frauen an, Knoblauch mit ihnen zu schälen. Die Leute verstehen nicht. Verdammt zum Konsum, zum Empfangen, dort wo das eigene Glück im Geben liegt. Der Strand verliert immer mehr an Substanz, wird geschluckt von den Gezeiten. Jakob setzt sich zu mir, wir gehen unserer Wege. In diesen Tagen verenden meine Flip-Flops, beim Patschen durch einen Tümpel, den rechten Fuß mit dem linken gleichziehend. Ohne Sohle überquere ich einen Berg durch einen Urwald wandernd. Beim Abstieg bin ich gezwungen mich an einem Tau festzuklammern, mehr rutschend als schreitend, trippelnd und tänzelnd, stolpere ich das Gefälle herunter, während mir kantige Kiesel und zackige Felsbrocken in die Füße schneiden. Auf ein Fallen des Wasserspiegels wartend, verbringe ich die Zeit auf der Weidenmatte einiger Angestammter, die mich nicht ohne Hintergedanken zu sich einladen und mein Dasein akzeptierend, es schließlich aufgeben mir ihre Fußmassagen verkaufen zu wollen. 

Am Abend wird Railey zu unserem Gefängnis, als der einzige steinige Küstenweg zu unserer Heimatbucht sich unter der Dünung verbirgt. Warten: Das rechte Gleichgewicht will sich nur schwer einstellen. Auf einer Kaimauer, die sich über dem Linie aus Sand erhebt, vor einem weitläufigen Resort, dessen Liegestühle sich menschenleer aufreihen, berichten Jakob und ich uns von unserm Leben in Deutschland, in unserer Mitte eine schmale gewölbte Flasche bräunlich glänzenden Thai-Whiskeys. Am nördlichen Küstenstreifen, an dem Wasser bis an den schmalen Gehsteig platscht, da wo sich die Touristen tagsüber zwischen entgegenkommenden Menschen und den Eingängen der Gaststätten und Lokale hindurchzwängen, gibt der Rückgang der Tiede einen dunklen Morast frei, in dem ein paar verlassene Mangroven ihr verästeltes Wurzelwerk eingegraben haben. Zu einem Zeitpunkt, in dem auch die letzten Bars zugeriegelt, das letzte Restaurant seine Gäste entlassen hat, trifft man einzig eine Gruppe betrunkener Amerikaner auf dem Heimweg, zu dieser Uhrzeit in dem diese Stadt in Leblosigkeit versinkt, die Fassade des Parallelkosmos zerbröckelt da die Subjekte, die diesem Ort ihren Stempel gaben sich in ihren Hotels befinden, ihren Kopf auf weiße weiche Kissen gebetet.

Erst gegen neunzehn Uhr erreichen wir Hat Yai, zu spät für einen Minivan nach La Ngu. Barfuß ziehe ich hinter dem Trupp von Freiwilligen her, die dieser Nächte Unterschlupf finden, bei der Familie von Alif. Ein kleiner gefliester quadratischer Raum, an dessen Rückseite ein Durchgang wahrscheinlich in einer Kochnische mündet.  Am Platz knien an die zehn Personen im Kreis, oder sitzen auf dem einzig verfügbaren Sitzmöbel, einem ockerfarbenen Sofa mit Stickereien, die Szenen eines Dorflebens zeigen, im Kreis, in ihrer Mitte ein Stapel Fotographien, dessen oberes Aufnahme eine Familie vor einem Wolkenkratzer. Während ihres Urlaubs in Malaysia zeigt. Vor dem Wohngebäude sind auf einer metallenen Tonne Plastikflachen gefüllt mit Gasolin platziert. Ein Kind betritt den Räumlichkeit  von der Kehrseite, eine Kasserolle mit Reis und ein Tablett mit diversen Schüsseln mit Curry, gebratenem Fisch und Omelette tragend. Später gen Tagesende sitze ich  umringt von Töpfen mit Knetmasse, nächst zu verknöcherten Frauen voller  tiefer Mulden im Gesicht, die sich über mich erheiternd, für die ich kleine Runde Kügelchen schwarzer zäher Masse in einen mehlig süßen Teig einrolle.

Über die schmutzige Straße pilger ich mit nackten Füßen zum Markt, auf dem ich schließlich neue Flip-Flops erstehe. Einen Plastikbecher Eistee, diese übersüßte Huldigung an die Kondensmilch, aus dem ein rot-weiß gestreifter Strohhalm ragt in der Hand lassen wir uns von der Energiewelle dieses Ortes mit spülen. Bündel von Bananen, die von den Unterständen der Gemüseverkäufer herabhängen, riesige Knäuel intensiv duftenden Tabaks, lederne Brieftaschen gefälschter Herkunft, kleine Plastikschalen, mit Kleinoden und Plunder vollgestopft: dreiteilige Packungen Feuerzeuge, Schlösser, Taschenspiegel, Küchenbesteck und –gerät (Messer, Gabel, Löffel, Flaschenöffner, Büchsenöffner Handreiben und Stößel), Heimwerkerausrüstung (Zangen, Handbohrer, Schraubenzieher, Schmieregelpaper, Hämmer, Nägel), Wörterbücher im Taschenformat, Gewürze und Gemüse, Cola und kolorierte Limonade, DVD Verkäufer, Schuhverkäufer, Bekleidungsverkäufer…

Ansonsten gibt es wenig mehr zu berichten mit Ausnahme von fehlgeschlagenen Versuchen Geld abzuheben und einem Ausländerzuschlägen bei der Benutzung öffentlicher Verkehrsmittel.

Die Harmonie Von Sonne Und Mond (Part One)
8. November 2010

Zwei Inselurlaube, wie sie unterschiedlicher nicht sein könnten und die Erkenntnis, dass eine gleiche Pigmentstruktur selten als Kennzeichen für eine gemeinsame façon de penser dienen kann.

Mangosalat und Kokosnüsse,  Jugendbanden in hippieesker Kleidung, einer aus dem Steckbaukasten des Konsums und  des Rauches entsprungenen Welt der Hirngespinste nachhängend, in der eine  Melange aus Marihuana, Bob Marley, Coca Cola und Ché Guevara keinen Wiederspruch beinhaltet, Väter im mittleren Alter, die den vorbeilauenden farang aus ihrem Campingstuhl zu sich rufend und im Versuch eine Brücke zwischen Lebenswirklichkeiten zu knüpfen, europäische Fußballclubs aufzählen und unangenehme Stille mit dem Offerieren von thailändischem Whiskey, gemischt mit Wasser zu überbrücken wissen. Freude weicht Beklemmung wenn man selbst nicht mehr bieten kann als die Beantwortung kläglicher Fragen nach Alter, Wohnort und Herkunft. Es stimmt traurig, wenn die Bekräftigung, dass das Essen gut schmeckt und Thailand ein wunderschönes Land ist, die einzige Form des Badankens bleibt. Der Austausch Feuerzeug und Tabak wird zum seltenen Anlass zur Kommunikation, wenn die Müdigkeit am Abend einen davon abhält sich dem Zermürbens des sich Nichtverstehens zu widmen. Eng beieinandersitzend auf mehreren hanfgewobenen Picknickdecken das Geräusch der Brandung  des Meeres, von dem einzig der dünne weiße Streifen der Gisch sich durch die Variationen aus Schwarz absetzt, vor sich am Ufer, erkennt man in einer simplen Akkordfolge ein Element der Verständigung, dass über sprachliche Barrieren hinaus funktioniert. In die Sterne schauend, im Ohr die vertraut verträumten Seufzer eines skandinavischen Folksängers,  sind wir Volontäre an diesem Abend nur zu einer Hälfte in Thailand, während ein Teil immer noch in Nostalgie diesem letzten verdammt genialen Monat nachhängt, in  trauriger Verklärung über all diese Straßencafés, Kinofilme, Theater , Museen und  berauschenden Clubnächte  sinniert, und eine weitere partie des Gehirns sich bereits in schillernden  Einzelheiten der Zeit nach der Rückkehr widmet. In dieser Nacht darf Europa noch einmal  als idealisierter Ballungsraum der Kultur,  als eine  Brutstätte der Künste, als ein Hort der demokratischen Partizipation und als Heimat zelebriert werden,  bevor die unsichtbaren Fäden der Erinnerungen, die uns mit diesem  Ort verbinden, ganz allmählich einreißen.

Am nächsten Morgen zerreißt mein Flip-Flop beim durch den Mangrovenwald, durch grünes Blattwerk, zwischen den Stämmen kolossaler Baumriesen hindurch. Unausgeschlafen und müde, ohne Sinn für die Schönheit der Natur, trotte ich barfuß den schmalen Pfad zum Strand zurück. Es ist unerträglich heiß, ich fühle mich schon seit dem Moment meines Aufwachens ausgedorrt, die Sonne stand schon relativ weit erhoben über der blauen Linie an der Kimmung hinter der sie sich erhoben hatte. Der Schlafsack, welcher in der Nacht zumindest psychologischer Schutz gegen das Trippeln der Krebse gewesen war, wird am Morgen zur Speicher angestauter Wärme.

Und dann der erste gemeinsame Urlaub unserer damals noch recht überschaubaren Freiwilligengemeinschaft, die schon an diesem Punkt, erste Anzeichen von Zerwürfnis aufwies, wobei diese Tendenzen, trotz leicht veränderter Bühnenbesetzung nicht nur andauert, sondern sich im Gegenteil sich noch verstärkt zu haben scheint, in dessen Verlauf ich dieses andere Thailand, eine mir bis dato verborgen gebliebene Parallelwelt kennen lernen sollte, ein Ort an dem die Bevölkerung ausschließlich vom Tourismus lebt und in der herumschlendernde farang per Hautfarbe selbstredend als potentieller vermögender Kunde klassifiziert wird. 

Ein Ausflug der Schule in das von hedonistischen Westlern als Ausgangspunkt für Tagesausflüge genutzte Ao Nang diente uns als Chance für einen Entspannungsurlaub in Railey. Morgens um halb drei sah der aufmerksame Beobachter mehrere Gestalten, sich aus ihren Matratzen erheben und sich die verquollenen Augen durch ein stilles Kok Payom trabend. Am Dorfrand bot sich ein ungewöhnlicher Anblick von Leben zu dieser Uhrzeit, Horden von, um die Füße ihrer Eltern herumtollender  erwartungsvoller Kinder, auf den Stufen der kleinen Polizeistation eine Gruppe von Lehrer. Dieser Lebendigkeit ein Symbol der Ruhe entgegensetzend, das ruhige Aufleuchten und Erlöschen des Neonlichts eines Warnsignals.  Für mich, der ich noch halb in dieser Parallelwelt des Traumes verharre, gewinnt diese Situation etwas verschwommen Konturloses und Surreales, als wer die Szenerie selbst teil einer Fiktion.

Die Rückbank des Busses nimmt eine u-förmige Sitzformation ein, auf dessen harter Bepolsterung ich die nächsten Stunden vergeblich  versuche Ruhe zu finden. Immer wieder eindösend, weckt mich ebenso oft der infernale Krach der Lautsprecher.  Die Pausen zwischen den Vorführungen von Trickfilme werden gefüllt durch schlechtproduzierte Musikvideos mit eindeutigem blue screens, in denen schmachtende Sängerinnen mit hohem Vibrato die Stunden des gebannten Wartens auf ihren Geliebten besingen. Die bittere Kälte verwandelt sich nach Tageseinbruch in eine drückende Hitze. Gemartert durch die dröhnende Beschallung und die Folgen des Schlafmangels verkommt die Besichtigung eines Aquariums und fossiler Rückstände zu einem beschwerlichen Trott, dem erst der Lunch am Mittag an einem von hohen dichten Bäumen bestandenen Platz am Strand Abhilfe schaffen kann. Eleven, in ihren gelben Polohemden und blauen Trainingshosen tollen am Küstenstreifen, springen über Wurzeln, beugen sich über Aluminiumschalen mit Curry. Schülerinnen, mit hellblauem Kopftuch sitzen auf Baumstümpfen grüppchenweise zusammen, kichernd, ihr Gesicht abdeckend hinter  knallbunte Poesiebücher, schreien „Pie Yussup“ und halten mir Plastiktüten mit Ananasstreifen entgegen…