Being And Time

Die Nutzung von Kulturstätten ist  in Thailand ökonomischer, niemals  bildungspolitischer Natur. Geschichte wird in Englisch aufgearbeitet. Blick die Bedürfnispyramide abwärts, Bildung selbst mit der Luppe nicht zu erkennen. Die Beschäftigung mit nationaler Tradition obliegt  dem Ministerium. Sie wird nicht kommuniziert sondern bürokratisiert.   Das zerschnittene rote Band während der Deklaration eines neuen Kulturlandes ist Faden der Haushaltsstrategen. Archäologie  als Wirtschaftsfaktor.  Ausgegraben für Niemand.  Zu Grabe getragen durch den (Mangel an) Touristen. Misslingen der Marktforschung.  Kultur und Natur können nur als Gegensatzpaar gedacht werden. Man überdenke den Kausalzusammenhang zwischen dem Schlaf des Parkwächter  und dem der Steinhaufen, entschlummert  in Moosdecken.

Die Weiterfahrt nach Sangkhlaburi ging unter im ewigen Wummern des Motors zwischen den Kupplungen. In ein Zeitloch gefallen. Ich dachte an Sisyphus und wie der Nachmittag vor mir davonrollte. Im Minibus die Bewegungen weniger ruckartig, sanft das Licht, dass die Spiegelfläche der weiten Waserfläche überflog. Die Landschaft und der Sprung aus der Realität. Vereinzelt angeschwemmte Fischerboote, lächerliche Versuche zur Etablierung menschlicher Zivilisation. Hier lag alle Ontologie der Natur. Die Szenerie abgeglitten in die Spiegelung des Wassers. Geknitterte Aluminiumfolie, die Reflexion des Himmels umgeben von der dunkle Moosfläche die sich über die Berge spannte.

Von den Bergen in die Stadt gefallen. Ich suchte nach keinem Gasthaus. Herauf, herunter die Strassen. Über der Ebene Glas, in der vereinzelt das Licht der Uferbeleuchtung abglitt, spannte sich die Holzkonstruktion der Brücke als Einladung zur anderen Seite. Aus der Höhe das Ziehen der Wellen, die der Wind streichelte. Tiefe Verwirrung, Orientierungslosigkeit, aus den Strassen die Musik der Karaokebars. Das hohe Grass des nachtfeuchten Auestreifens. Schliesslich: der Umriss einer Stupa im Hintergrund, das Ballern der MG’s im Fernsehen als unbeteiligter Schall von den schwimmenden Häusern. Vernommen, ihre Ausrufe menschlicher Regungen, erspürt ihre Anthropologie. Ohne Anzuklopfen. Das Pixelgewirr des Bildschirms und dann und wann ein Schatten. Motorengeräusche der Boote, die sich nur im Mondlicht aus der Dunkelheit schäten. Manchmal ihre ausgesendeten leuchtenden Finger, die mich ertasteten. Wolken, die der Vollmond scharf vom klaren Himmel absetzte. Blitze über fernen Bergen als unbeteiligte Drohung. Wie Regen unter dem Vordach der Veranda.

Am Morgen das bleiche Rot der Sonne hinter den Nebeln erspäht. Seine Finger, die sich ausstrecken um das Tau zu trocknen. Die feuchte Erde auf meinem Rucksack. Das fröstelnde Bibern im Wollpullover erstickt. Dem überraschten Winken der ersten Schaluppen entkommen. In den Tempeln schenken mir noch nicht einmal die Hunde Beachtung.

Über das Heben und Senken der Strasse in das beginnende Leben. Mon refuge. Die Zeit nach der man das Exil nicht mehr hinterfragt. In den Gesichtern liegt das Gedenken in der Wärme der Augen. Der Stolz auf Autonomie und Andersartigkeit. Kaffee und Gebäck in der Lebendigkeit der Markthallen. Die Rücksichtnahme und Höflichkeit gegenüber Fremden, die ihnen selbst nicht zu Teil geworden ist. Das Erstaunen darüber, wie sich die vertrauten Puzzleteile der  Landschaft von Tag und Nacht ineinanderfließen. Ähnlich der Nachtdimension, die einem erst das Déjà-vu des Tages zu entschlüsseln hilft.  Das Holztrapez dass das Tal überspannend dem Raum zur Weite verhilft. Unterhalb der Berghänge ein blaues Schlängeln zwischen den Windungen der Auen. Die Geruhsamkeit der Häuser in ihrem Bad im Wasser korrespondiert mit der Ruhe spätmorgendlicher Gesichter. Bis zum Abend mit dem Strom der Fahrzeuge auf dem Rückzug in den Regen der Wasserpistolen und zur grossen Hedonismusschlacht.

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